Flä­chen­ver­brauch für West­um­fah­rung von Neun­kir­chen am Brand unakzeptabel

Gemein­sa­me Pro­test­ak­ti­on von Bau­ern, Jäger, betrof­fe­ne Bür­ger und Naturschützern

Bei einer gemein­sa­men Pro­test­ak­ti­on am 16.10.2010 in Neun­kir­chen spra­chen sich Land­wir­te aus Ebers­bach, der Baye­ri­sche Bau­ern­ver­band, die Bür­ger­initia­ti­ve MUNk e.V., Jäger, der Ver­kehrs­club Deutsch­land (VCD) und der Bund Natur­schutz in Bay­ern e.V. (BN), klar gegen die geplan­te West­um­fah­rung von Neun­kir­chen am Brand im Lkr. Forch­heim aus. Trotz des schlech­ten Wet­ters mit leich­tem Dau­er­re­gen war die Ver­an­stal­tung mit knapp 100 Per­so­nen gut besucht. Ein rie­si­ges Trans­pa­rent mit der Auf­schrift „Land­wirt­schaft und Natur im Ebers­bach­tal schüt­zen- Stop Umge­hungs­stra­ße als LKW-Magnet“ wur­de – beglei­tet von der Blas­ka­pel­le Ebers­bach – in sechs Meter Höhe aufgehängt.

„Unse­re Herbst­ak­ti­on soll hel­fen, das Ebers­bach­tal vor dem geplan­ten Stra­ßen­neu­bau im Zuge der Ver­le­gung der Staats­stra­ße 2243 zu schüt­zen“, so Bern­hard Birn­feld von der BN-Ortsgruppe.

Her­mann Greif, Vize­prä­si­dent des Baye­ri­schen Bau­ern­ver­bands Ober­fran­ken: „Stra­ßen zur Ver­sor­gung sind wich­tig, nicht aber sol­che, die nicht not­wen­dig sind und oben­drein wert­vol­les Acker­land bean­spru­chen, wie die geplan­te durch das Ebersbachtal“.

Roger Holl­fel­der vom Jagd­ver­band ergänzte:„Ich möch­te auch nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen noch in die Augen blicken kön­nen, denn ein­mal gebaut, ist das Ebers­bach­tal unwie­der­bring­lich verloren.“

Hein­rich Kat­ten­beck, BN-Vor­sit­zen­der der Kreis­grup­pe Forch­heim: „Im Sin­ne des Erhalts der Bio­di­ver­si­tät vor Ort ist es sehr bedeut­sam, vor­han­de­ne Refu­gi­en sel­te­ner Arten der Roten Liste zu bewah­ren. Die Lebens­räu­me im Ebers­bach­tal sind abso­lut zu schüt­zen. Ande­rer­seits ist es erwie­sen, dass mehr Stra­ßen immer mehr Ver­kehr anzie­hen. Wir blei­ben dabei und erhal­ten vie­ler­orts Recht: Wer Stra­ßen sät, wird Ver­kehr ernten.“

Bet­ti­na Witt­mann, Bür­ger­initia­ti­ve für ein moder­nes umwelt­be­wuss­tes Neun­kir­chen am Brand (MUNk e.V.): „Ich ver­ste­he die Anlie­ger der Stra­ße mit dem Ruf nach Ver­bes­se­run­gen. Doch dazu ist es in erster Linie erfor­der­lich, die Gefähr­dungs­stel­len zu besei­ti­gen, Geschwin­dig­keits­ver­min­de­rungs­maß­nah­men und Sanie­run­gen mit einem schall­däm­men­den Ober­bau vor­zu­neh­men. Stau­stel­len, etwa am Forch­hei­mer Tor, sind aufzulösen.“

„Die Alter­na­ti­ve zum flä­chen­fres­sen­den Stra­ßen­neu­bau wäre end­lich der Bau der seit vie­len Jah­ren geplan­ten Stadt-Umland-Bahn nach Erlan­gen mit Anbin­dung eines Takt­bus­ses nach Forch­heim“, unter­strich Mat­thi­as Strie­bich vom VCD-Bayern.

„Wir freu­en uns sehr, dass zuneh­mend Bau­ern und Natur­schüt­zer gemein­sam für die Bewah­rung der Hei­mat und gegen Flä­chen­ver­brauch auf die Stra­ße gehen. Das war lan­ge Zeit nicht so, aber die Gemein­sam­kei­ten bei Gen­tech­nik, beim Ein­satz für regio­na­le Pro­duk­te oder gegen den Flä­chen­ver­brauch brin­gen uns zusam­men“, so Richard Mer­gner, Lan­des­be­auf­trag­ter des BN.

Zwan­zig von der Orts­grup­pe des BN, der BI MUNK e.V. und der Land­wir­te aus Ebers­bach über­sicht­lich gestal­te­te Infor­ma­ti­ons­stell­wän­de zeig­ten bei der Akti­on einen guten Über­blick über die aktu­el­le Bedro­hung des Ebers­bach­ta­les und der Land­schaft bei Neun­kir­chen. Das Tal hat gute Böden, wird land­wirt­schaft­lich seit Jahr­hun­der­ten genutzt und dient der Durch­lüf­tung des Mark­tes Neun­kir­chen. Es hat einen hohen Wert hin­sicht­lich Nah­erho­lung, z.B. für Radeln, Wan­dern, Nor­dic-Wal­king, und bie­tet seit vie­len Jah­ren einen wich­ti­gen Natur­zu­gang für Schu­len und Kin­der­gär­ten. In die­sem Kul­tur­raum bestehen intak­te Natur­le­bens­räu­me mit sel­te­nen Arten wie Knob­lauch­krö­te, Gar­ten­am­mer und Bechsteinfledermaus.

Anhand aktu­el­ler Pla­nungs­kar­ten und auf­be­rei­te­ter Daten wur­de die Bedro­hung sicht­bar: Die geplan­te West­um­fah­rung wür­de mit par­al­lel geführ­ter Gemein­de­ver­bin­dungs­stra­ße eine Schnei­se von knapp 40 m Brei­te durch die Land­schaft schla­gen, Wald­ge­bie­te wür­den durch­schnit­ten. Mit zuneh­men­den Hoch­was­ser­ge­fahr für Sied­lungs­ge­bie­te auf­grund des geplan­ten Stra­ßen­bau­werks im Auen­be­reich von Brand- und Ebers­bach wäre zu rech­nen, 18 Hekt­ar oder 180.000 Qua­drat­me­ter unver­mehr­ba­rer Boden wür­den inkl. Aus­gleichs­flä­chen der Land­wirt­schaft entzogen.

Dabei ist die Stra­ße nicht nötig: Ein Ver­gleich von Ver­kehrs­gut­ach­ten mit Erhe­bungs­ba­sen aus den Jah­ren 2005 und 2010 belegt die hohen Ziel-Quell-Ver­keh­re Neun­kir­chens und einen Rück­gang des Ver­kehrs­auf­kom­mens auf der Strecke nach Forch­heim um aktu­ell 5,2%.

Täg­lich befah­ren maxi­mal ca. 100 gro­ße LKW den Ort, wel­che die höhen­be­schränk­ten Tore nicht pas­sie­ren kön­nen und nicht vie­le hun­dert, wie von der Stra­ßen­bau­be­für­wor­tern zur Begrün­dung der Tras­se fälsch­lich verbreitet.

Eine gro­ße Gefahr für Neun­kir­chen besteht aber in der poten­ti­el­len Bedro­hung aus dem unkon­trol­lier­ten und star­ken Anwach­sen eines über­re­gio­na­len LKW-Aus­weich­ver­kehrs von den Auto­bah­nen A3 zur A73 und zur A9. Die geplan­te West­um­fah­rung wür­de einen Lücken­schluss erge­ben, der Zeit- bzw. Maut-Erspar­nis beim Güter­ver­kehr mit sich brächte.

Eine Ana­ly­se der der­zei­ti­gen Gefähr­dungs­stel­len im heu­ti­gen Stra­ßen­ver­lauf durch Neun­kir­chen hat gezeigt, wo die­se lie­gen und mit­tels einer Stu­die auf­ge­zeigt, wie die­se besei­tigt wer­den könn­ten. Ein­fach zu rea­li­sie­ren wäre das Auf­brin­gen von Mar­kie­run­gen zur Ver­mei­dung des Stau­be­reichs beim Forch­hei­mer Tor. Die vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men rei­chen bis zu auf­wän­di­ge­ren, bau­li­chen Maß­nah­men zur Ent­la­stung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger innerorts.

In Vor­ge­sprä­chen mit der Poli­zei war bekannt gewor­den, dass die heu­ti­gen Gefähr­dungs­stel­len in Neun­kir­chen durch den Bau einer Umfah­rung auch in Zukunft nicht besei­tigt würden.

Das Bünd­nis setzt als Alter­na­ti­ve auf zukunfts­wei­sen­de Ver­kehrs­sy­ste­me, so z.B. die Stadt­bahn nach Erlan­gen, mit Anbin­dung eines Takt­bus­ses nach Forch­heim. Denn nur die­se bringt auch den Bür­gern im Süd­teil von Neun­kir­chen durch die Reduk­ti­on des dort in den letz­ten fünf Jah­ren über­mä­ßig gestie­ge­nen Indi­vi­du­al­ver­kehrs (Quell-Ziel-Ver­kehr) eine spür­ba­re Entlastung.

Mit der Akti­on wur­de unter­stri­chen, dass das heu­ti­ge Demo­kra­tie­ver­ständ­nis kei­nes­wegs dar­in endet, dass Jahr­zehn­te alte, wenig begrün­de­te Wün­sche zur Ver­kehrs­ver­la­ge­rung bür­ger­fer­ne Pla­nungs­ab­läu­fe in Gang set­zen und in einem Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren mün­den. Es geht auch anders.