Son­der­aus­stel­lung 100 Jah­re TSV Eber­mann­stadt – Eröff­nung 27.6.10

Im Hei­mat­mu­se­um Eber­mann­stadt wird am 27. Juni 2010 um 11 Uhr die Son­der­aus­stel­lung „100 Jah­re TSV Eber­mann­stadt“ eröff­net. Im Rück­blick auf die zurück­lie­gen­den 100 Jah­re wird dar­ge­stellt, wie sich aus dem Turn- der jet­zi­ge Turn- und Sport­ver­ein ent­wickelt hat. Dabei ist eine Chro­nik ent­stan­den, die über den Sport hin­aus auch ab und zu einen Blick auf gesell­schaft­li­che Zusam­men­hän­ge wirft. Tur­nen und Sport waren nicht immer ein und das­sel­be. Deut­lich zeigt sich das, als der Fuß­ball in den zwan­zi­ger Jah­ren lang­sam auch in Eber­mann­stadt Ein­zug hielt.

Die Aus­stel­lung ist anschlie­ßend von 14 bis 17 Uhr jeweils am Sams­tag sowie an Sonn- und Fei­er­ta­gen von 14.00–17.00 Uhr bis Ende Okto­ber 2010 geöff­net. Für Schu­len, Ver­ei­ne und Rei­se­ge­sell­schaf­ten sind Füh­run­gen nach Ver­ein­ba­rung mit Frau Thei­ler von der Tou­rist­info mög­lich (Tel.: 09194/50640).

Histo­ri­sches

Die Stan­dar­te des Turn­ver­eins Ebermannstadt-Breitenbach

1913 erhielt der Turn­ver­ein sei­ne heu­te noch erhal­te­ne Stan­dar­te. Stan­dar­ten sind Hoheits­zei­chen, hin­ter denen sich eine Trup­pe geschlos­sen for­miert. Als Ban­ner zei­gen sie stolz das, was sie mit­ein­an­der ver­bin­det. Die Stan­dar­te des Turn­ver­eins Eber­mann­stadt-Brei­ten­bach prä­sen­tiert auf der einen Sei­te auf rotem Hin­ter­grund den Ver­eins­na­men und das Grün­dungs­da­tum: 18. August 1910 und auf der ande­ren Sei­te im Ehren­kranz umrahmt von Eichen­blät­tern das Por­trät von Turn­va­ter Jahn mit den unten ein­ge­stick­ten Jah­res­zah­len 1813 und 1913.

Fried­rich Lud­wig Jahn (1778–1852) gilt nicht nur als Begrün­der der Turn­be­we­gung in Deutsch­land, son­dern als einer der Vor­den­ker der patrio­tisch-natio­na­len Bewe­gung in Deutsch­land. Sei­ne bei­den Bücher Deut­sches Volks­t­hum (1810) und Die deut­sche Turn­kunst zur Ein­rich­tung der Turn­plät­ze (1816) beein­fluss­ten maß­geb­lich die poli­ti­sche Ent­wick­lung in Deutsch­land zu einem über­stei­ger­ten Natio­na­lis­mus. In Ber­lin rich­te­te er 1811 auf der sog. Hasen­hei­de den ersten deut­schen Turn­platz mit Klet­ter­stan­gen, Reck und den von ihm selbst ent­wickel­ten Bar­ren ein. Von Anfang an dien­te die Kör­per­er­zie­hung erklär­ter­ma­ßen natio­nal­po­li­ti­schen Zwecken. Tur­nen wur­de nicht als Sport im Sin­ne von Frei­zeit­ver­gnü­gen ver­stan­den, son­dern als Lei­bes­er­zie­hung zur wehr­haf­ten Erman­nung.

Fah­nen­wei­he

1913 fan­den in ganz Deutsch­land Jubi­lä­ums­fei­ern in gro­ßer Anzahl statt. Man gedach­te der 100-jäh­ri­gen Wie­der­kehr der Völ­ker­schlacht von Leip­zig, des 50-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der Befrei­ungs­hal­le und des 25-jäh­ri­gen Regie­rungs­ju­bi­lä­ums Kai­ser Wil­helms II. In Eber­mann­stadt über­nahm der Krie­ger und Mili­tär­ver­ein die Orga­ni­sa­ti­on zu einer groß ange­leg­ten patrio­ti­schen Fei­er am 15. Juni 1913. Um an der Kir­chen­pa­ra­de und am Fest­zug stan­des­ge­mäß teil­zu­neh­men und nicht hin­ter den ande­ren Ver­ei­nen zurück­zu­ste­hen, war es natür­lich auch für den Turn­ver­ein not­wen­dig, sich unter einem reprä­sen­ta­ti­ven Ban­ner zu for­mie­ren. Zwei Wochen vor der gro­ßen patrio­ti­schen Fei­er konn­te der Turn­ver­ein am 1. Juni sei­ne eige­ne Stan­dar­te fei­er­lich im Rat­haus enthüllen.

Nach die­sem Akt, so berich­tet der Wie­sent-Bote, ord­ne­te sich der Fest­zug, vor­an die Stadt­ka­pel­le und 6 Tromm­ler des Forch­hei­mer Turn­ver­eins , sowie die sämt­li­chen Ver­ei­ne von Eber­mann­stadt und Brei­ten­bach mit 6 Fah­nen zum Mar­sche in die Kir­che, woselbst die Wei­he der Stan­dar­te durch Herrn Stadt­pfar­rer Gütt­ler vor­ge­nom­men wur­de. Nach dem Wei­he­akt war Fest­zug durch die Stra­ßen Eber­mann­stadts und Brei­ten­bachs nach dem Fest­plat­ze, dem Herbst­schen Gar­ten, mar­schiert. Karl Stucky, der Bezirks­amts­vor­stand eröff­ne­te hier als erster die Rei­he der Anspra­chen. Die Fest­re­de selbst hielt der Ehren­vor­stand des Ver­eins, Stadt­pfar­rer Gütt­ler. Er, so der Wie­sent-Bote, nahm Bezug auf die bedeu­tend­sten Fei­ern in die­sem Jah­re, dem Sieg des Kreu­zes im Jah­re 813 und der Befrei­ung Deutsch­lands von der Schmach der Fran­zo­sen­herr­schaft im Jah­re 1813. Er zog eine Par­al­le­le, wie hier Fröm­mig­keit und Got­tes­furcht, dort Vater­lands­lie­be und Patrio­tis­mus zum Sie­ge geführt hät­ten. Die Turn­ver­ei­ne ste­hen auf christ­li­cher Grund­la­ge und pfle­gen Lie­be und Begei­ste­rung für das Vater­land. Er sprach Allen, die dazu bei­getra­gen haben, die Stan­dar­ten­wei­he bege­hen zu kön­nen, beson­ders Herrn Pri­va­tier Paul Herbst in Brei­ten­bach, herz­li­chen Dank aus. Nach ein­ge­hen­der Erklä­rung des Wahl­spruchs der Tur­ner: „Frisch, fromm, fröh­lich, frei!“ klang sei­ne Rede in ein Hoch auf den Pro­tek­tor der baye­ri­schen Tur­ner­schaft Sr. K. Hoheit Prinz­re­gent Lud­wig aus.

Aus dem Bericht im Wie­sent-Boten geht wei­ter her­vor, dass neben Paul Herbst der könig­li­che Regie­rungs­rat Karl Stucky, Bür­ger­mei­ster Fritz May­er und Stadt­pfar­rer Georg Gütt­ler als hohe Gön­ner des Turn­ver­eins die Anschaf­fung der Stan­dar­te geför­dert haben. Ange­fer­tigt wur­de sie in der Taub­stum­men­an­stalt Michel­feld, von der ver­mut­lich auch der Ent­wurf stammt. Ihren Abschluss fand die Stan­dar­ten­wei­he mit Musik, Gesang und am Abend mit einer Pyra­mi­de der Tur­ner, die durch ben­ga­li­sche Beleuch­tung präch­tig anzu­schau­en war.

Dr. Man­fred Fran­ze, Heimatmuseum